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Digitalisierung: Das kommt auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu

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Big Data, künstliche Intelligenz, Chatbots und die Blockchain-Technologie – die Digitalisierung bietet großes Potenzial für den öffentlichen Dienst. Was das für BürgerInnen und Beschäftigte bedeutet, erklärt der E-Government-Experte Patrick Khayat.

Was sind die großen Innovationen, die in den kommenden Jahren die Verwaltung verändern werden?

In der öffentlichen Verwaltung geht es meist um Informationen, Kommunikation und Entscheidungen. Konkret: Bürger wollen Auskünfte, benötigen Dokumente und erhalten Bescheide zu Anträgen. Um diese Leistungen auch in Zukunft erbringen zu können, werden Big Data, künstliche Intelligenz, Chatbots und die Blockchain-Technologie ihren Beitrag leisten. Einige öffentliche Institutionen sammeln schon heute erste wichtige Erfahrungen mit diesen Innovationen: Die Bundesagentur für Arbeit hat einen What’sMeBot entwickelt, um SchülerInnen bei der Berufswahl zu unterstützen. Die Stadtwerke Wuppertal betreiben seit kurzem als weltweit erster kommunaler Energieversorger eine Blockchain-basierte Handelsplattform für Strom.

Patrick Khayat ist Senior Consultant beim Beratungsunternehmen Sopra Steria Consulting. Copyright: Sopra Steria Consulting

Wie werden die BürgerInnen davon profitieren?

Die BürgerInnen werden in verschiedener Weise von der digitalen Transformation profitieren: Verwaltungsverfahren werden zukünftig flexibler, schneller und weniger zeitaufwendig ablaufen. Der Gang zum Amt wird in ein paar Jahren die Ausnahme sein. Stattdessen kann man von jedem Ort aus Verwaltungsvorgänge starten und zu jeder Tageszeit – unabhängig von Öffnungszeiten der Verwaltung. Schließlich werden die VerwaltungsmitarbeiterInnen mehr Zeit und bessere Informationen für eine gute Beratung haben als heute.

Wo liegen die großen Herausforderungen?

Die größte Herausforderung liegt aus meiner Sicht darin, vor lauter Technikbegeisterung nicht die Menschen und die Organisation aus dem Blick zu verlieren. Die beste Technologie bringt keinen Nutzen, wenn die betroffenen Personen sie nicht annehmen können oder wollen. Aus diesem Grund ist es bei jedem Digitalisierungsprojekt wichtig, die organisatorischen und personellen Auswirkungen intensiv zu betrachten und ein professionelles Change Management zu betreiben.

Wo muss politisch mehr passieren?

Beim Thema E-Government konzentriert sich die Politik bislang auf den Aspekt der E-Verwaltung. Wichtig ist hier, klare Vorgaben zu treffen und Standards einzuführen. In diese Richtung wurden mit den verschiedenen E-Government-Gesetzen und Verordnungen wichtige Schritte unternommen. Dieser Weg muss konsequent weiterbeschritten werden. Ein Vorbild kann hierbei Estland sein, ein echter Vorreiter in Sachen digitaler Staat.

Was mir in den Debatten um E-Government bislang zu kurz kommt, ist das Thema E-Demokratie. In der digitalen Agenda der Bundesregierung findet man hierzu nichts Konkretes. Dabei bieten neue Technologien die Möglichkeit, unsere Demokratie zu stärken und der vielbeklagten Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. In einem Beitrag auf unserem Blog habe ich das am Beispiel von Chatbots und Big Data bei Wahlen zu verdeutlichen versucht.

Was kommt auf die Angestellten und Beamten in der Verwaltung zu?

Die konkreten Auswirkungen der Digitalisierung hängen stark vom Aufgabenbereich der jeweiligen Person ab. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Anteil höherwertiger Aufgaben steigen wird und dass IT stärker als heute integraler Bestandteil des Arbeitsalltags sein wird. Darüber hinaus wird in einer digitalen und agilen Welt der Grad der Eigenverantwortung und Flexibilität zunehmen. Die angesprochene Unabhängigkeit von Ort und Zeit für BürgerInnen kann in gewissem Maße auch für VerwaltungsmitarbeiterInnen gelten.

Ist der öffentliche Dienst fit für das digitale Zeitalter?

Wer fit für das digitale Zeitalter sein möchte, muss seine Organisation und sein Personalmanagement neu aufstellen. Beim ersten Aspekt liegt die Verantwortung bei den Führungskräften. Ich empfehle meinen Kunden hier stets, insbesondere den Themen Prozessmanagement und IT-Anforderungsmanagement eine zentrale Rolle zuzuweisen. Diese beiden methodischen Disziplinen sind aus meiner Sicht der Schlüssel, um die digitale Transformation erfolgreich zu gestalten. Auf dem Arbeitsmarkt hat der öffentliche Dienst häufig gegenüber privaten Firmen einen Wettbewerbsnachteil durch die starren Tarifstrukturen. Hier ist aus meiner Sicht eine Flexibilisierung erforderlich – ohne dabei das Ziel der Entgeltgerechtigkeit aufzugeben.

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