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Bundesverfassungsgericht: Streikverbot für Beamte ist verfassungskonform

ver.di, GEW Demonstration
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Das Streikverbot für Beamte verstößt laut Bundesverfassungsgericht nicht gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention. Damit ist es Beamtinnen und Beamte weiterhin nicht erlaubt, sich im Dienst an einem Streik zu beteiligen, um etwa für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. DGB, GEW und ver.di bedauern die Entscheidung.

„Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte ist als eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums vom Gesetzgeber zu beachten. Es steht auch mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes im Einklang und ist insbesondere mit den Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar“, heißt es in einer Meldung des Bundesverfassungsgerichts. Die RichterInnen sehen im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht somit keine Kollision des deutschen Beamtenstreikverbots mit den völkerrechtlichen Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Der 2. Senat verwies darauf, dass die derzeitigen Beteiligungsrechte der Spitzenorganisationen sowie das Alimentationsprinzip das fehlende Beamtenstreikrecht hinreichend kompensieren würden.

Streikrecht ist ein Grund- und Menschenrecht – auch für Beamte

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack bedauert die Entscheidung sehr und hält an der Auffassung fest: „Das Streikrecht ist ein Grund- und Menschenrecht, das auch nicht hoheitlich tätigen Beamtinnen und Beamten zustehen muss. Leider sieht das Bundesverfassungsgericht dies anders. Einer gesamten Statusgruppe dieses Recht zu verweigern, ohne nach zu erfüllender Aufgabe zu differenzieren, ist für uns auch nach der heutigen Entscheidung nicht nachvollziehbar. Für die nicht hoheitlich tätigen Beamtinnen und Beamten, zum Beispiel in den privatisierten Unternehmen oder auch in vielen Verwaltungsbereichen, bedeutet dies erstmal, dass ihnen auch weiterhin die Möglichkeit vorenthalten wird, sich aktiv für ihre Arbeitsbedingungen einzusetzen. Sieht man sich die negative Entwicklung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst an, so ist nicht verständlich, warum den Betroffenen ein effektives Mittel zur Verbesserung ihrer Situation verwehrt wird.“

Lehrkräfte hatten an Streiks teilgenommen

In dem Fall ging es um beamtete Lehrkräfte, die während des Dienstes an gewerkschaftlichen Protestveranstaltungen beziehungsweise Streikmaßnahmen teilgenommen hatten. Diese Teilnahme wurde durch die zuständigen Disziplinarbehörden geahndet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Streikteilnahme stelle einen Verstoß gegen grundlegende beamtenrechtliche Pflichten dar. Insbesondere dürfe ein Beamter nicht ohne Genehmigung dem Dienst fernbleiben. In den fachgerichtlichen Ausgangsverfahren wandten sich die LehrerInnen letztlich erfolglos gegen die jeweils ergangenen Disziplinarverfügungen. Das Bundesverfassungsgericht betonte nun: „Ein Streikrecht, auch nur für Teile der Beamtenschaft, griffe in den grundgesetzlich gewährleisteten Kernbestand von Strukturprinzipien ein und gestaltete das Verständnis vom und die Regelungen des Beamtenverhältnisses grundlegend um.“ Ein Streikverbot für deutsche Beamtinnen und Beamte und konkret für beamtete Lehrkräfte sei nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK gerechtfertigt.

ver.di: Einschränkung allein wegen des Beamtenstatus ist bedenklich

Auch ver.di bedauerte, dass das Bundesverfassungsgericht den Beamtinnen und Beamten nicht die volle Koalitionsfreiheit einschließlich des Rechts auf Streik zugesteht. „Die Koalitionsfreiheit bis hin zum Recht auf Arbeitskampf ist und bleibt ein Menschenrecht. Es ist bedauerlich, dass das Bundesverfassungsgericht dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht gefolgt ist. Die Begründung überzeugt uns nicht. Eine Einschränkung allein wegen des Beamtenstatus halten wir nach wie vor für bedenklich“, betont ver.di-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Pieper. Das Gericht hat allerdings zugleich klar entschieden, dass Einschränkungen der Koalitionsfreiheit durch den Beamtenstatus nicht ohne Ausgleich erfolgen dürften. „Die öffentlichen Arbeitgeber dürften ihre einseitige Regelungsmacht nicht missbrauchen und müssten die Vorgaben des Gerichts zum Alimentationsprinzip einhalten. Einer willkürlichen Besoldungspolitik, die Anfang der 2000er Jahre zu drastischen Einschnitten in die Bezahlung der Beamtinnen und Beamten per Gesetz geführt hatte, werde dadurch ein klarer Riegel vorgeschoben. „Damit wird die gewerkschaftliche Argumentation bestätigt, nach der die Koalitionsfreiheit grundsätzlich auch den Beamtinnen und Beamten zusteht“, so Pieper. ver.di fordert unter anderem bessere Beteiligungsrechte für Beamte. Die Beteiligungsrechte müssen nach dem Grundsatz Verhandeln statt Verordnen ausgebaut werden. Nur so sei garantiert, dass die Gestaltung des Beamtenrechts rechtsstaatlichen Anforderungen genügt.

GEW: Rückschritt ins vergangene Jahrhundert

„Das ist ein Schwarzer Tag für Demokratie und Menschenrechte“, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. „Das Gericht schreibt damit die bisherige Rechtsprechung fest und macht damit einen Rückschritt ins vergangene Jahrhundert. Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht sieht das Verfassungsgericht weder eine Kollision zwischen deutschem und internationalen Recht noch eine Kollision in der deutschen Rechtsprechung“, sagte Tepe und kündigte an, dass die GEW das Urteil jetzt eingehend prüfen und dann über die weiteren Schritte entscheide werde. Die Entscheidung betrifft die rund 1,7 Millionen Beamtinnen und Beamten bei Bund, Ländern und Kommunen sowie 80.000 Beamtinnen und Beamte bei den Postnachfolgeunternehmen Telekom, Post und Postbank, die jetzt Bestandteil des Deutsche Bank-Konzerns ist.

Die Erklärung des Bundesverfassungsgerichts gibt es hier...

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