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Öffentlicher Dienst: Prognose zum weiteren Verlauf der Tarifverhandlungen

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Die dritte Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst steht Ende März an. Das Arbeitgeberangebot ist weit hinter den Forderungen von ver.di zurückgeblieben. Wie sehen die Prognosen für den weiteren Verlauf im öffentlichen Dienst aus? Um was geht es jetzt? Eine Übersicht.

++ Update 30. März 2023: Verhandlungen gescheitert – Schlichtung folgt ++

Ver.di und die Gewerkschaften aktivieren alle Bereiche des öffentlichen Dienstes für Warnstreiks. Nachdem bereits Verwaltungen, Krankenhäuser, Pflegedienste, der öffentliche Nachverkehr und zuletzt die Kita-Beschäftigten in den Kommunen gestreikt haben, sollen nun wieder Angestellte und Arbeiter im Gesundheitswesen ihre Arbeit niederlegen. Bisher handelt es sich um Warnstreiks, die stets begrenzt sind auf einige Stunden oder maximal einen Tag. Nach Angaben der Gewerkschaften beteiligten sich alleine am 8. März, dem internationalen Frauentag, insgesamt rund 70.000 Beschäftigte an dem Ausstand in den Sozial- und Erziehungsdiensten. Ver.di und Beamtenbund haben mehrfach die hohe Streikbereitschaft der Beschäftigten betont. Auch vor der dritten Runde in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst werden die Gewerkschaften den Druck aufrecht erhalten.

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„Eine Provokation ohnegleichen“: Arbeitgeberangebot im öffentlichen Dienst

Der Anlass für die Aufrufe der Gewerkschaften: Das Angebot der kommunalen Arbeitgeber und des Bundes ist weit hinter den Forderungen von ver.di, GEW, Beamtenbund und Co. zurückgeblieben. Gerade einmal fünf Prozent mehr Gehalt bei einer langen Laufzeit des Tarifvertrages von 27 Monaten bieten VKA und Innenministerium an. Ver.di fordert 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten und zeigt sich enttäuscht. „Das Angebot der Arbeitgeber ist völlig indiskutabel und ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. Es ist eine Provokation ohnegleichen. Die Beschäftigten, die täglich gute und wichtige Arbeit leisten, brauchen dringend mehr Geld, um die stark gestiegenen Preise für Mieten, Energie und Lebensmittel zahlen und sich und ihre Familien über Wasser halten zu können. Sie kämpfen verstärkt für ihre Forderungen“, erklärt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle.

Gesundheitswesen im öffentlichen Dienst: ver.di mit Warnstreiks gegen Sonderopfer

ver.di ruft im Rahmen der Tarifrunde im öffentlichen Dienst bundesweit für Dienstag und Mittwoch, 14. und 15. März 2023, zu Warnstreiks in kommunalen Krankenhäusern, Psychiatrien, Pflegeeinrichtungen und dem Rettungsdienst auf. Der Gesundheitsbereich steht einmal mehr im Zentrum der Tarifverhandlungen. Unter anderem geht es laut ver.di darum, dass „die Arbeitgeber auch noch Sonderopfer von Beschäftigten in den Kliniken und der Altenpflege“ forderten. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen diese auf Lohn verzichten, wenn es dem Betrieb wirtschaftlich schlecht geht. „Das Ansinnen der Arbeitgeber, über einen Zusatztarifvertag Gehaltskürzungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu ermöglichen, ist eine echte Provokation und führt zu heftigen Protesten und Widerstand insbesondere im Gesundheitswesen“, erklärte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. „Ein solches Sonderopfer wird es mit uns nicht geben.“

So will die VKA zwei Tarifverträge aus der Coronapandemie wieder in Kraft setzen: den Tarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser (TV-ZUSI) und den TV Soziale Dienste, der den Bereich der Altenhilfe und/oder Altenpflege umfasst. Sie sollen die wirtschaftliche Zukunft eines Krankenhauses und somit Arbeitsplätze der Beschäftigten  sichern, teilte die VKA mit. Dass durch das Wiederinkraftsetzen von TV-ZUSI und TV Soziale Dienste den Beschäftigten ein Sonderopfer abverlangt werde, sei falsch, heißt es bei den Arbeitgebern.

Prognose Tarifverhandlungen öffentlicher Dienst: Dritte Runde offen

Die zweite Verhandlungsrunde endete im Februar ohne Ergebnis. Die Arbeitgeber kritisieren die Warnstreiks. Nun steht vom 27. bis 29. März 2023 die dritte Verhandlungsrunde an. In den letzten Verhandlungen im öffentlichen Dienst konnte stets eine Einigung in der finalen Runde erzielt werden. Zuletzt während der Coronapandemie 2020.

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In der TVöD-Tarifeinigung vor zweieinhalb Jahren wurde festgelegt, dass die Einkommen tabellenwirksam um 4,5 Prozent in der niedrigsten Entgeltgruppe und -stufe und um 3,2 Prozent in der höchsten Eingruppierung angehoben werden. Zuerst zum 1. April 2021 um 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro, sowie zum 1. April 2022 um weitere 1,8 Prozent. Ver.di schreibt rückblickend über die Tarifrunde 2020: „Die Arbeitgeber hatten zu Beginn und noch währende der Verhandlungen auf eine extrem lange Laufzeit gedrungen. In ihrem insgesamt unzureichenden Angebot vom 16. Oktober 2020 war eine Entgelterhöhung von 3,5 Prozent in drei Schritten bis Ende 2023 enthalten. Das wäre eine Laufzeit von 40 Monaten gewesen. Am Ende konnte eine Laufzeit von 28 Monaten erreicht werden.“

Prognose für die Tarifverhandlungen ist schwierig: Urabstimmung im öffentlichen Dienst ist möglich

Aktuell liegen Forderung und Angebot wieder weit auseinander. Doch die Situation ist komplexer. Die Gewerkschaften sind entschlossen, die Streikbereitschaft ist hoch. Zumal die letzte Runde mitten in der Coronapandemie stattfand und durch Kontaktverbote, keine Streiks im großen Stil möglich waren.

2023 sieht es anders aus: In dieser TVöD-Runde geht es unter anderem um die Erhöhung der Tabellenentgelte, die Laufzeit des neuen Tarifvertrags und eine mögliche Inflationsprämie. Eine Prognose, wie die Verhandlungen ausgehen, ist schwierig. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke ist kämpferisch: „Es ist aus meiner Sicht vollkommen offen, ob wir zu einem Ergebnis kommen oder ob dann der Zeitpunkt ist, wo wir über das Scheitern der Verhandlungen entscheiden müssen. Und dann werden wir als Verdi den Weg der Urabstimmung einleiten.“ Wäre dies das Ergebnis der dritten Verhandlungsrunde, dann würde ver.di im Rahmen einer Urabstimmung die Mitglieder entscheiden lassen. Soweit mehr als 75 Prozent der nicht verhinderten ver.di-Mitglieder für Streik stimmen, kann der ver.di-Bundesvorstand dann einen Streik genehmigen. Unbefristete Streiks könnten dann im gesamten öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen folgen.

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Nach einer Urabstimmung und unbefristeten Streiks: Schlichtung als Ausweg

Als Ausweg gilt unter anderem eine Schlichtung. Dann würden zwei unabhängige und von beiden akzeptierte Schlichter oder Schlichterinnen berufen. Er oder sie wird dann zwischen beiden Seiten vermitteln. Eine solche Schlichtungsvereinbarung kann auch innerhalb der Verhandlungen getroffen werden. Der unbefristete Streik würde erst durch eine erneute Urabstimmung beendet. In diesem Fall müssten die Gewerkschaftsmitglieder abstimmen, ob sie mit dem möglichen Tarifergebnis zufrieden sind.

Als Vergleich wird der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst aus dem Jahr 1974 herangezogen. Mehr als 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes hatten damals vor allem in den Großstädten gestreikt: Die Müllabfuhr blieb im Depot, Busse und Bahnen fuhren nicht, viele Ämter waren geschlossen. Nach drei Tagen Streik gelang am 13. Februar der Durchbruch: Die Tarifparteien einigten sich auf 11 Prozent mehr Lohn und Gehalt, mindestens jedoch 170 Mark. Ein solcher Weg ist auch 2023 denkbar.

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Prognose Tarifverhandlungen öffentlichen Dienst: Laufzeit des Tarifvertrags ist mit entscheidend

In den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden können nun verschiedene Parameter eine Rolle spielen. Dazu zählen unter anderem die Höhe der Entgeltsteigerung, die Laufzeit des neuen Tarifvertrags, der Beginn der Gehaltssteigerung oder die mögliche Zahlung einer hohen Inflationsprämie. Zudem ist es denkbar, dass es unterschiedliche Entgeltsteigerungen für die verschiedenen Entgeltgruppen und -stufen gibt. Also etwa: Die unteren Entgeltgruppen erhalten etwas mehr als die höheren Gruppen.

Stellschraube Laufzeit des neuen Tarifvertrags: Je länger die Laufzeit, desto geringer ist auf die kommenden Jahre gerechnet die Steigerung der Entgelte. 10,5 Prozent auf zwölf Monate sind gefordert. Angenommen es würde eine Erhöhung der Gehälter um 10,5 Prozent vereinbart, bei einer Laufzeit von 24 Monaten, dann kämen auf zwölf Monate gerechnet nur 5,25 Prozent bei den Angestellten an. Die aktuelle Inflationsrate liegt allerdings bei 8,7 Prozent. Nicht miteingerechnet sind die hohen Kosten der vergangenen Monate.

Öffentlicher Dienst: Schwierige Prognose – komplexe Tarifeinigung möglich

Entscheidend ist zudem, ab wann die Tarifsteigerung erfolgt. Gilt diese rückwirkend zum 1. Januar 2023 oder erfolgt sie erst in der Zukunft? So geschehen bei der Tarifeinigung der Länder im Herbst 2021. Für die Angestellten der Länder gab es eine prozentuale Erhöhung der Entgelte erst zum 1. Dezember 2022. Eine Prognose für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst ist zudem schwer, da auch eine Inflationsausgleichsprämie im Rahmen der Tarifeinigung möglich ist. Diese ist zwar auf den ersten Blick für Arbeitnehmer interessant, weil sie sofort auf dem Konto spürbar ist – allerdings bezeichnen Experten Prämien auch als „süßes Gift“. Eine hohe Inflationsprämie ist mittelfristig nicht so lukrativ, wie eine deutliche Erhöhung der Tabellenentgelte. Die dritte Verhandlungsrunde wird spannend.

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