Im Januar 2022 will der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber gegen Bundesbehörden vorgehen, die eine Facebook-Seite betreiben. Im Interview mit oeffentlicher-dienst-news.de stellt er klar, was den Bundesbehörden droht. Außerdem: Was rät er den Social-Media-ManagerInnen bei Behörden, Polizei oder Kommunen?
2022 wollen Sie gegen Bundesbehörden vorgehen, die eine Fanpage auf Facebook betreiben. Was ist der Grund?
Ich hatte den Bundesbehörden schon im Mai 2019 mitgeteilt, dass ich – wie auch die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer – den Betrieb einer Facebook Fanpage für nicht datenschutzkonform umsetzbar halte. Dann kam die Pandemie, aber eben auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu Schrems II. Ich habe im Juni jetzt ein Rundschreiben an alle Bundesbehörden geschickt, dass wir ab Januar 2022 nach Prüfung der Einzelfälle gegebenenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen. Damit weiß eine neue Regierung nach der Bundestagswahl schon, was auf sie zukommt.
Gibt es für Behörden oder öffentliche Institution überhaupt eine Möglichkeit, Facebook datenschutzkonform zu nutzen?
Unter den aktuellen Bedingungen sehe ich dafür keine Möglichkeit, dafür müsste Facebook deutliche Änderungen vornehmen.
Wo liegt das Hauptproblem aus Ihrer Sicht?
Es wäre erforderlich, dass öffentliche Stellen, die eine Fanpage betreiben, eine Vereinbarung mit Facebook zur gemeinsamen Verantwortlichkeit schließen, die den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung entspricht. Das wäre die Voraussetzung, damit Nutzende des Angebots ihre Rechte geltend machen können, zum Beispiel zur Auskunft über die über sie gespeicherten Daten. Bis jetzt konnte keine der von mir beaufsichtigten Stellen eine solche Vereinbarung vorlegen, weil Facebook diese nicht zur Verfügung stellt.
Wie sieht es bei anderen sozialen Netzwerken aus, Twitter, Instagram oder TikTok?
Wir fangen mit Facebook Fanpages an. Ob und wann andere Soziale Netzwerke dazu kommen, kann ich noch nicht sagen. Mir persönlich wäre es sowieso lieber, dass die Netzwerke die Zeichen der Zeit erkennen und Ihre Angebote datenschutzkonform gestalten.
Das rät Bundesdatenschutzbeauftragter Social-Media-Managern bei Behörden und Polizei
Was raten Sie den Social Media-ManagerInnen in deutschen Behörden?
Bauen Sie frühzeitig datenschutzkonforme Alternativen auf. Und bündeln sie Ihre Bemühungen. Ein datenschutzfreundliches Soziales Netzwerk in dem alle Behörden vertreten sind, wäre für die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern ein Gewinn und würde uns unabhängiger von großen US-Datenkonzernen machen.
Gibt es nicht auch einen Mehrwert, wenn etwa die Polizei bei Notfällen oder in Krisen über Twitter die Menschen direkt erreicht?
Ganz sicher sogar. Aber ich halte es für ein schlechtes Zeichen, wenn sich staatliche Institutionen nicht an geltendes Recht halten. Hätte man seit Geltung der DSGVO in datenschutzfreundliche Alternativen investiert, könnte man die Menschen übrigens heute darüber erreichen.
Wie läuft der Mastodon-Account ihrer Behörde? Ist das Netzwerk eine realistische Alternative?
Unser Mastodon-Account funktioniert sehr gut. Es gibt eine unfassbar aktive Community, die sich für das Thema Datenschutz interessiert. Außerdem nehmen immer mehr Behörden das Angebot an, auf unserer Instanz social.bund.de einen offiziellen Account zu betreiben. Mit steigendem Informationsangebot gehen auch die Nutzendenzahlen kontinuierlich nach oben, wenn sie auch noch deutlich unterhalb der von Facebook & Co. liegen. Das Fediverse ist jetzt schon eine sehr gute Alternative.
Wie sieht ihre Bilanz der DSGVO aus, die seit Mai 2018 in Kraft ist?
Die DSGVO hat den neuen weltweiten Standard beim Datenschutz geschaffen. In vielen verschiedenen Ländern entstehen Datenschutzgesetze nach dem Vorbild der DSGVO. Das Bewusstsein vieler Menschen für den Umgang mit ihren Daten wird größer. Selbstverständlich müssen DSGVO und Rechtspraxis weiter verbessert werden. Dafür setze ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Datenschutzausschuss ein.
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