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Exklusive Umfrage: Arbeitsalltag im öffentlichen Dienst ist massiv belastet

Bringt die dritte Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst den Durchbruch? Hoffnung  macht das 500 Milliarden Euro Investitionspaket, das Union und SPD angekündigt haben. Eine aktuelle Umfrage zeigt, was die Beschäftigten erwarten.

Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst 2025: Beschäftigte fordern mehr Gehalt und Entlastung

In den laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für das Jahr 2025 haben die Beschäftigten klare Vorstellungen, wie das Tarifergebnis aussehen muss. Die überwältigende Mehrheit von 85,7 Prozent der Befragten (2.456 Stimmen) fordert eine deutliche Gehalts- und Besoldungssteigerung. Dies spiegelt den hohen Stellenwert einer fairen Vergütung angesichts steigender Lebenshaltungskosten und wachsender Belastungen wider. Die Gewerkschaften um ver.di fordern 8 Prozent, mindestens 350 Euro pro Monat. Die Arbeitgeber kritisieren die Höhe scharf. Sie verweisen auf die klammen Kassen vieler Kommunen. Welchen Einfluss kann das Mega-Investitionspaket, dass die Sondierungsgruppe um Friedrich Merz auf den Weg bringen will, auf die TVöD-Tarifrunde im öffentlichen Dienst haben?

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Konflikt für Tarifverhandlungen: Mehr Ausgleich für Stress und Hetze

Neben finanziellen Verbesserungen wünschen sich viele Beschäftigte auch eine spürbare Entlastung im Arbeitsalltag. 46,5 Prozent (1.332 Stimmen) der Teilnehmer sprechen sich für zusätzliche drei freie Tage aus. Ebenfalls stark nachgefragt ist eine kürzere Laufzeit des Tarifvertrags, was 39,5 Prozent (1.133 Stimmen) unterstützen. Mehr Flexibilität, bessere Erholung. Die Gewerkschaften haben neben den Gehaltsfragen auch Entlastung zu einer zentralen Forderung gemacht. Interessant ist auch das Bedürfnis nach Wahlfreiheit bei den Tarifleistungen: Knapp 30 Prozent der Befragten (843 Stimmen) wünschen sich die Option, ein Gehalts-Plus entweder als Geld oder in Form zusätzlicher freier Tage zu erhalten.

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Altersteilzeit für belastete Berufe – Konfliktpotenzial für die dritte Runde

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbesondere in belasteten Berufen, sind auch vielen wichtig: 28,5 Prozent (817 Stimmen) sind für eine (Wieder-) Einführung der Altersteilzeit mit bevorzugtem Zugang für Beschäftigte in belasteten Bereichen. Höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten wünschen sich 23,7 Prozent (678 Stimmen) der Teilnehmer. Die unbefristete Übernahme von Auszubildenden bleibt mit 10,1 Prozent (290 Stimmen) vergleichsweise am Ende der Prioritätenliste, zeigt jedoch, dass auch Nachwuchssicherung und Perspektiven für junge Beschäftigte ein Thema sind.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowohl finanzielle als auch strukturelle Verbesserungen erwarten. Die Gewerkschaften und Arbeitgeber sollten diese klaren Signale in den Verhandlungen berücksichtigen, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber nachhaltig zu stärken.

Belastung im öffentlichen Dienst: Personalmangel und Bürokratie setzen Beschäftigten zu

Dass die Forderungen der Gewerkschaften und die Erwartungen der Beschäftigten begründet sind, zeigt eine exklusive Umfrage von Öffentlicher Dienst News unter rund 3000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Der öffentliche Dienst in Deutschland steht unter erheblichem Druck. Eine aktuelle Umfrage unter 2.894 Beschäftigten zeigt, dass insbesondere Personalmangel, hohe Arbeitsbelastung und überbordende Bürokratie den Arbeitsalltag massiv belasten. 78,1 Prozent der Befragten (2.260 Personen) nannten den Personalmangel als größte Herausforderung, dicht gefolgt von der hohen Arbeitsbelastung mit 63,4 Prozent (1.834 Personen). Die Beschäftigten attestieren ihren Arbeitgebern einen Mix aus verschiedenen belastenden Themen, die sich gegenseitig verstärken. Allem voran steht der Fachkräftemangel. Fast 80 Prozent berichten, dass ihre Behörde oder Amt Stellen nicht mehr zeitnah oder gar nicht besetzen kann. Daraus resultiert eine hohe Arbeitsbelastung und Verdichtung für die unterbesetze Dienststelle.

Bürokratie und Überstunden als zusätzliche Belastung

Auch die Bürokratie stellt ein großes Problem dar: 61 Prozent (1.766 Befragte) der Angestellten und Beamten empfinden die Bürokratie im öffentlichen Dienst als zu umfangreich und hinderlich. Das Ergebnis zeigt, dass die Politik unbedingt ran muss, an den Abbau von Verordnungen, Gesetzen und detaillierten Vorgaben wie ausufernden Dokumentationspflichten, die auch im öffentlichen Dienst zugenommen haben. Sie belasten die Beschäftigten und verhindern, dass sich um andere Aufgaben gekümmert werden kann.

Überstunden sind ebenfalls an der Tagesordnung: Fast ein Drittel der Beschäftigten (29,6 Prozent, 856 Personen) gibt an, regelmäßig mehr arbeiten zu müssen, als vertraglich vereinbart. Dies zeigt, dass die Kapazitätsgrenzen vielerorts längst überschritten sind.

Digitalisierung kommt nicht voran

Ein weiterer kritischer Punkt ist die mangelnde Digitalisierung. 38,1 Prozent der Befragten (1.104 Personen) bemängeln, dass viele Prozesse weiterhin analog oder schlecht digitalisiert ablaufen. „Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig digitale Lösungen sind, doch bis heute hat sich kaum etwas getan“, so die Aussage einer Verwaltungsangestellten.

Soziale Themen und Sicherheitsaspekte

Andere Herausforderungen wie Migration (19,1 Prozent), fehlender bezahlbarer Wohnraum (21,2 Prozent) und die Bedrohung durch Cyber-Angriffe (11,3 Prozent) werden zwar seltener genannt, sind aber dennoch nicht zu unterschätzen. Besonders die Wohnraumsituation erschwert es den Kommunen zunehmend, qualifiziertes Personal in Ballungsräumen zu gewinnen.

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Tarifverhandlungen in Krisenzeiten

Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst finden in einer umfassenden und vielschichtigen Krise statt. Die anhaltenden Anschläge in deutschen Innenstädten, die Regierungskrise durch den Bruch der Ampel, die vermutlich mehrmonatige Regierungs-Neubildung und die volatile außenpolitische Bedrohungslage prägen auch die Tarifrunde. Der traurige Höhepunkt war der Anschlag auf die ver.di-Demonstration in München mit zwei Toten Menschen – eine Kollegin aus dem öffentlichen Dienst und ihre zwei Jahre alte Tochter. Dann der vermeintliche Bruch der US-Regierung mit der Ukraine und vermutlich auch den Staaten Europas.

Ein Schub durch die neue Koalition: 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und den öffentlichen Dienst?

Die kommunalen Kassen sind vielerorts leer. Die Krisenstimmung wiegt schwer für die Verhandler in Potsdam ab dem 14. März. Das ganze Wochenende haben sich die Tarifparteien freigehalten. Ob es für ein Tarifergebnis reicht, muss sich zeigen. Bisher sind keine Angebote der Arbeitgeber publik geworden. Auf Anfrage verweisen VKA und Bund, dass sie keine Details nach außen geben. Die Arbeitgeber gaben sich nach der 2. Runde überraschend optimistisch. Die Gewerkschaften weniger. Seit nun fast drei Wochen warnstreiken Beschäftigte des öffentlichen Dienstes landauf und landab.

Möglicherweise gibt es aber Hoffnung. Paradoxerweise könnte US-Präsident Donald Trump positiven Einfluss auf den öffentlichen Dienst in Deutschland haben. Paradox deshalb, weil in seinem Auftrag der öffentlichen Dienst in den USA ruiniert wird. Deutschland muss sich nun darauf vorbereiten, dass Trump sich auch von Deutschland und Europa abwendet. 500 Milliarden Euro wollen die angehenden Koalitionäre von Union und SPD unter einem möglichen Kanzler Friedrich Merz in die Hand nehmen, um die Infrastruktur und die öffentliche Verwaltung zu modernisieren. Zudem sollen die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Die Grundlagen sollen zeitnah im Bundestag geschaffen werden.

Merz fordert Milliardeninvestitionen: „Whatever it takes“ – auch für den öffentlichen Dienst

Angesichts der aktuellen Bedrohungslage für Frieden und Freiheit in Europa hat CDU-Chef Friedrich Merz deutliche Worte gefunden: „Für unsere Verteidigung muss jetzt gelten: whatever it takes.“ Geld dürfe keine Rolle mehr spielen, betonte Merz auf einer Veranstaltung in Berlin. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) unterstützte diesen Kurs und sprach von „No limit“ bei den finanziellen Mitteln.

500-Milliarden-Paket für Infrastruktur und öffentlichen Dienst

Mit den Sondierern aus CSU und SPD will er die Vorbereitungen für ein umfassendes Investitionsprogramm für die Infrastruktur schaffen. Das Geld soll in den kommenden zehn Jahren in Schulen, Kitas, Straßen, Krankenhäuser, Schienen, Brücken sowie Energie- und Digitalnetze fließen. Auch der öffentliche Dienst könnte von diesen Investitionen profitieren, etwa durch bessere Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und modernisierte Arbeitsplätze.

Von den 500 Milliarden Euro sollen 100 Milliarden direkt an die Bundesländer gehen. Dies soll durch ein neues Sondervermögen ermöglicht werden, das per Grundgesetzänderung beschlossen werden müsste.

Lockerung der Schuldenregeln geplant

Neben dem Sondervermögen plant die Bundesregierung laut Merz, die strengen Verschuldungsregeln für die Bundesländer zu lockern. Dies könnte den Ländern mehr Spielraum geben, um dringend benötigte Investitionen etwa in Personal und Digitalisierung des öffentlichen Dienstes vorzunehmen.

SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich ebenfalls zufrieden mit den geplanten Maßnahmen. Ihm war es wichtig, die Finanzierungsfrage direkt zu Beginn zu klären, um nicht in endlosen Detailverhandlungen zu versinken. „Wir lösen endlich den Investitionsstau in diesem Land auf“, betonte Klingbeil laut Süddeutscher Zeitung.

Die geplanten Investitionen könnten auch den öffentlichen Dienst entlasten. Projekte in Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern und der Verwaltung würden nicht nur die öffentliche Infrastruktur modernisieren, sondern auch die Arbeitsbedingungen der rund 5,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Sektor verbessern. Und vielleicht gibt es auch positive Impulse für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst Mitte März.

Foto Copyright: Wikimedia Commons / Steffen Prößdorf / Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

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