Eine Mehrheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist unzufrieden mit der Gehaltsentwicklung der vergangenen Jahre. Auch in der Kritik: die Eingruppierung und die Stufenzuteilung. Vor den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zeigt sich, wo die Sozialpartner ansetzen könnten, um die Arbeit bei Bund und Kommunen attraktiver zu machen.
Mehr als 77 Prozent der Beamten und Angestellten sind unzufrieden mit der Gehalts- und Besoldungsentwicklung der letzten fünf Jahre. Das ergibt eine Umfrage unter rund 5400 Beschäftigten von Öffentlicher Dienst News. Die Ergebnisse zeigen, worauf es in den anstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst ankommt.
Anzeige: Kredite für Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst – Kreditrechner nutzen
Newsletter zur TVöD-Tarifrunde 2025 im öffentlichen Dienst – jetzt abonnieren!
- Mehr als 130.000 Abonnenten
- Monatliche Nachrichten, kostenlos in Ihr Email-Postfach
- Alles über Gehälter und Besoldung
- Vorteile für Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Gehaltscheck öffentlicher Dienst: Frust mit Eingruppierung und Entgeltstufen
Mit dem Ergebnis der letzten Tarifrunde sind die Beschäftigten zwar mehrheitlich zufrieden. Ein Viertel bewertet das TVöD-Tarifergebnis aus dem letzten Jahr als sehr gut oder gut an, 31 Prozent vergeben die Schulnote befriedigend, ein weiteres Viertel ein ausreichend. Ein knappes Fünftel findet, dass der Mix aus 3000 Euro Inflationsausgleich, einem Sockelbetrag und einer prozentualen Entgelterhöhung nicht ausgereicht hat.
Tarifverhandlungen 2025: Debatte um Höhe und Umfang der Forderungen
Allerdings waren die davor liegenden Tarifeinigung eher gering und haben in Summe selten die steigenden Lebenskosten aufgefangen. Besonders in der Corona-Pandemie hatten die Gewerkschaften Rücksicht auf die angespannte Lage in den Kommunen genommen. Auch die hohen Energiekosten und daraus resultierend auch steigende Lebensmittelpreise sind nur teilweise durch die Inflationsprämie aufgefangen worden. Das alles findet sich nun im Stimmungsbild in den Behörden, Krankenhäusern und Kitas wieder.
Am 9. Oktober werden die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ihre Forderungen für die TVöD-Tarifrunde 2025 vorstellen (Wir berichten exklusiv im Newsletter). Bisher ist bekannt, das es neben einer Steigerung der Entgelte auch um das Thema Arbeitszeit gehen wird. In einer Vorabbefragung von ver.di Anfang diesen Jahres, hat es den Wunsch gegeben, über eine Verkürzung der Arbeitszeit zu verhandeln. Mit Blick auf die Zahlen unserer Umfragen, ergeben sich allerdings noch andere Hebel, um die Stimmung im öffentlichen Dienst zu steigern.
Öffentlicher Dienst: Konfliktthema Eingruppierung
Die Zahlen zeigen etwa, dass es eine große Unzufriedenheit mit der Eingruppierung und den Entgeltstufen gibt. Auf die Frage „Passt die Eingruppierung zu Ihrer Qualifikation“ antworten nur 38,5 Prozent der Befragten mit Ja. Eine Mehrheit von 61,5 Prozent sieht sich nicht entsprechend der eigenen Qualifikation eingruppiert.
Wichtig: für die Eingruppierung nach dem TVöD gilt, „welche konkreten Tätigkeiten zu erbringen sind, wie hoch z. B. die Verantwortung ist und unter Umständen wie viel Berufserfahrung jemand mitbringt. Hieraus ergibt sich die Eingruppierung in die entsprechende Entgeltgruppe und die dazugehörige Stufenzuordnung innerhalb dieser Gruppe“, heißt es etwa bei haufe.de. Das Verfahren zur Eingruppierung ist ein komplexer Vorgang. Gerade deshalb bieten sich hier auch die Chancen, tarifliche Verbesserungen durchzusetzen.
Offenbar arbeitet ein größerer Teil der Befragten unter den erworbenen Qualifikationen. In Zeiten des Fachkräftemangels im Staatsdienst ist das ein Hinweis für die Arbeitgeber, das vorhandene Potenzial der Beschäftigten besser auszuschöpfen. In der Jahresumfrage von Öffentlicher Dienst News zu den aktuellen Arbeitsbedingungen hat ein großer Teil der Befragten festgestellt, dass der Personalmangel die größte Belastung ist. Wenn Stellen unbesetzt bleiben, führt das häufig zur Überlastung der verbleibenden Beschäftigten, mittelfristig drohen Ausfälle durch Krankheit. Wenn die öffentlichen Arbeitgeber dafür sorgen, dass mehr Beschäftigte entsprechend ihrer Qualifikation arbeiten und eingruppiert werden, führt das zu mehr Zufriedenheit und zieht neue Fachkräfte an.
Umstrittene Einstufung im öffentlichen Dienst
Auch bei der Einstufung fühlen sich viel Beschäftigte nicht richtig bewertet. Hier geht es um die Anerkennung von berufliche (Vor-)Erfahrungen. Zu häufig wird diese nicht anerkannt – egal ob sie im öffentlichen Dienst oder anderen Bereichen erworben wurde. In diesen Fällen werden die Personen in einer niedrigeren Stufe eingestellt. Der Karrierelauf bis zur letzten Stufen dauert dann dementsprechend länger.
Mit Blick auf die gesamte Berufsbiografie ist das viel Gehalt, dass am Ende fehlt. Für Arbeitgeber ist das ein probates Mittel, um Personalkosten zu sparen. Hintergrund: Im TVöD/TVL gibt es sechs Entgeltstufen in fast jeder Entgeltgruppe. Man ist ein Jahr in der ersten Stufe, zwei Jahre in der zweiten Stufe, drei Jahre in der dritten Stufen usw.
Zulagen als Hebel für mehr Geld?
Zudem haben wir in unserer Umfrage nach Zulagen gefragt. Hier wird deutlich, dass viele Beschäftigte keine Zulagen erhalten – rund 45 Prozent. Immerhin 55,1 Prozent sind Empfänger von tariflich geregelten Zulagen. Am häufigsten werden die vermögenswirksamen Leistungen genannt, vor Leistungsprämien. Es folgen:
- Sonderzahlungen
- Familienzuschlag
- Stellenzulagen
- Erschwerniszulage
- Amtszulage
- Polizeizulage
- Technikerzulage
- Hauptstadtzulage
- Ballungsraumzulage
- Münchenzulage
- Feuerwehrzulage
- Programmierzulage
- Gitterzulage
Auch im Bereich Zulagen könnte in der anstehenden Tarifrunde etwas für attraktivere Arbeitsbedingungen getan werden. Als gutes Beispiel dient der Pflegebereich. Dort sind in der letzten TVöD-Tarifrunde die dynamischen tariflichen Zulagen um 11,5 Prozent erhöht worden. Auch sie können entscheidend zur Zufriedenheit beitragen.
Datengrundlage Umfrage und Verteilung der Entgeltgruppen im öffentlichen Dienst
Wir haben unsere Leserinnen und Leser auf der Webseite und im Newsletter befragt. Teilgenommen haben insgesamt 5400 Personen. Alle Fragen waren optional, mussten also nicht beantwortet werden. Ein Großteil der Befragten arbeitet im kommunalen Dienst, es folgen Länder und Bund. 44 Prozent arbeiten in der Verwaltung. Jeweils rund 10 Prozent arbeiten in den Bereichen Bildung/Kultur, Polizei/Justiz und Erziehung/Jugend. Die Zahlen der Umfrage sind nicht repräsentativ. Um zu zeigen, wie viele Beschäftigte in welchen Entgeltgruppen sind, haben wir Daten des Statistischen Bundesamtes aufbereitet.