Bereits zu Beginn der kommenden Woche beginnt die Schlichtung im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes. Die Schlichter Roland Koch und Henning Lühr haben viel Arbeit vor der Brust. Eine Prognose zu fünf möglichen Szenarien sowie ein möglicher Zeitplan für den Verlauf.
Schlichtung öffentlicher Dienst Prognose: Diese Szenarien sind möglich
Die Fronten waren verhärtet: Trotz drei intensiver Verhandlungsrunden konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nicht auf einen neuen Tarifvertrag für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen einigen. In der Nacht vom 17. auf den 18. März wurde daher die Schlichtung angerufen.
Anzeige: Kredite für Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst – Kreditrechner nutzen
Newsletter zur Tarif- und Besoldungsrunde 2025 im öffentlichen Dienst – jetzt abonnieren!
- Mehr als 137.000 Abonnenten
- Monatliche Nachrichten, kostenlos in Ihr Email-Postfach
- Alles über Gehälter, Besoldung, Finanzen
- Vorteile für Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Schlichtungsverfahren startet am Montag unter Leitung von Koch und Lühr
Wie Medien berichten, nimmt die Schlichtungskommission bereits am kommenden Montag ihre Arbeit auf. Die Leitung des Verfahrens übernehmen zwei erfahrene Vermittler: der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und der ehemalige Bremer Finanzstaatsrat Hans-Henning Lühr (SPD).
Schwierige Prognose Schlichtung öffentlicher Dienst
Das Schlichtungsverfahren folgt einem klaren Regelwerk, das in einer Vereinbarung zwischen Arbeitgebern (Bund und Kommunen) und Gewerkschaften (ver.di, GEW, IG BAU, GdP und Beamtenbund) aus dem Jahr 2011 festgelegt wurde. Die Kommission tagt vertraulich an einem geheimen Ort und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine inhaltliche Prognose ist schwierig, da die Positionen der beiden Tarifparteien aktuell zu weit auseinanderliegen.
Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, abonniert unseren Newsletter.
Prognose: Zeitplan und Dauer der Schlichtung im öffentlichen Dienst – Fakten im Überblick
-
Beginn der Schlichtung:
Voraussichtlich Montag, 24. März 2025 -
Dauer der Schlichtung:
7 Tage laut Schlichtungsvereinbarung von 2011 -
voraussichtliche Einigungsempfehlung:
Dienstag, 1. April 2025 -
Nächste Verhandlungsrunde nach Schlichtung (voraussichtlich):
Samstag, 5. April 2025 in Potsdam -
Beteiligte Schlichter:
Roland Koch (CDU), Hans-Henning Lühr (SPD) -
Betroffene Beschäftigte:
Rund 2,5 Millionen im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen (TVöD) -
Grund für die Schlichtung:
Scheitern der dritten Tarifverhandlungsrunde am 18. März 2025
Die Prognose für den zeitlichen Ablauf ist dank der strikten Regeln der Schlichtungsvereinbarung recht präzise: Die Einigungsempfehlung muss binnen einer Woche vorliegen, also voraussichtlich bis zum 1. April. Direkt im Anschluss haben beide Seiten wenige Tage Zeit, den Vorschlag zu prüfen, bevor sie am 5. April in Potsdam erneut zusammenkommen.
Nach Abschluss der Schlichtung haben beide Seiten drei Tage Zeit, den Einigungsvorschlag anzunehmen oder abzulehnen. Bei einer Ablehnung durch die Gewerkschaften könnten erneut Streiks drohen – diese wären dann unbefristet.
Die gute Nachricht: In der letzten Tarifrunde 2023 wurde der Schlichtervorschlag angenommen. Daraus eine Prognose für die aktuelle Schlichtung im öffentlichen Dienst abzuleiten, ist jedoch schwierig. Es wird unter anderem um diese fünf zentralen Streitfragen gehen.
Streitpunkte: Darum geht es in der Schlichtung im öffentlichen Dienst konkret
Die Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro monatlich. Wie zum Ende der letzten Verhandlungsrunde bekannt wurde, haben die Arbeitgeber 5,5 Prozent geboten. Einer der zentralen Streitpunkt ist die Laufzeit des neuen Tarifvertrags.
Punkt 1: Höhe der tabellenwirksamen Entgeltsteigerung
Zunächst geht es um die konkrete Höhe der tabellenwirksamen Entgeltsteigerungen. Die Gewerkschaften forderten acht Prozent, mindestens 350 Euro. Der Mindestbetrag sorgt vor allem dafür, dass die unteren und mittleren TVöD-Entgeltgruppen aufgewertet werden und die prozentuale Steigerung über acht Prozent liegt.
Die Arbeitgeber haben laut Medienangaben 5,5 Prozent angeboten. Zudem sollen Bund und VKA ein höheres 13. Monatsgehalt sowie höhere Zulagen für Schichtdienst anbieten. Allerdings kommt diese Kombination bei Weitem nicht an die Forderung der Gewerkschaften heran. Denn die wichtigste Bedingung ist die Laufzeit des neuen Tarifvertrags.
Punkt 2: Laufzeit des neuen Tarifvertrags
Der alte TVöD ist zum 31. Dezember 2024 ausgelaufen. Die Gewerkschaften haben ihre acht Prozent auf eine kurze Laufzeit von zwölf Monaten ausgelegt. Unbestätigten Berichten zufolge haben die Arbeitgeber ihr Angebot auf 36 Monate ausgelegt. Das wäre eine jährliche Entgeltsteigerung von gerade einmal 1,8 Prozent. Damit wäre noch nicht einmal die Inflation ausgeglichen.
Die Frage der Laufzeit dürfte also zentral im Schlichtungsverfahren sein. Sie entscheidet darüber, wie hoch die jährliche Steigerung ausfällt.
Punkt 3: Beginn der ersten Tarifsteigerung
Die Laufzeit des neuen TVöD beginnt am 1. Januar 2025. Allerdings ist ein weiterer Konfliktpunkt, wann die Tabellenentgelte angehoben werden. Die Entgeltsteigerung muss nicht zwingend rückwirkend zum 1. Januar 2025 erfolgen. Möglich ist es, dass die Arbeitgeber bei einer Laufzeit von 24 oder mehr Monaten die erste Anpassung der Tabellenentgelte erst in der Zukunft vereinbaren wollen – also etwa mit sechs Monaten Verzögerung.
Punkt 4: Wie viele Steigerungen soll es geben?
In der Regel wurden die Entgeltsteigerungen in zwei Stufen ausgezahlt. In der Vergangenheit war die Laufzeit der neuen Tarifverträge meistens 24 Monate. Somit gab es in jedem Jahr eine tabellenwirksame Anpassung.
Eine Ausnahme ist das letzte Tarifergebnis. Dort wurde ein Mix aus Inflationsausgleichsprämie und Entgeltsteigerung beschlossen. Eine einmalige Sonderzahlung steht offenbar nicht zur Debatte. Damit wird es neben den Fragen zur Höhe und Laufzeit auch um die Anzahl der Entgeltsteigerungen gehen.
Punkt 5: Entlastungen durch zusätzliche freie Tage
Das Thema freie Tage wird zudem von den Schlichtern befriedet werden müssen. Die Gewerkschaften wollen drei zusätzliche freie Tage durchsetzen, um die Beschäftigten zu entlasten. Zudem soll es für Gewerkschaftsmitglieder einen weiteren freien Tag geben.
Vor allem die kommunalen Arbeitgeber lehnen diese Forderung strikt ab. Sie warnen, dass andernfalls kommunale öffentliche Dienstleistungen gekürzt werden müssten.
Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass eine Wahloption hier zu einem Kompromiss führen kann. Seit 2019 erhalten Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie das tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG A). Das sind 27,5 Prozent des durchschnittlichen Monatsentgelts. Besonders belastete Beschäftigte mit Kindern, zu pflegenden Angehörigen oder in Schichtarbeit können statt des T-ZUG A (27,5 Prozent vom Monatsentgelt) auch die sogenannte „tarifliche Freistellungszeit“ wählen. Das bedeutet bis zu acht zusätzliche freie Tage im Jahr.
Prognose zur Schlichtung im öffentlichen Dienst
Roland Koch und Henning Lühr haben viel zu tun. Die Gewerkschaften scheinen zu Kompromissen bereit. Allerdings wurde auch deutlich, dass sich das Arbeitgeberlager intern nicht einig war, wie Beamtenbund-Vize Volker Geyer anmerkte: „Die Vielzahl der aufgetretenen Konflikte zu einen, ist an sich schon eine riesige Herausforderung. Erst mal müsste aber wohl zwischen den divergierenden Interessen und Positionen innerhalb der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geschlichtet werden. Erst danach hätte dann auch eine Schlichtung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebenden eine reale Chance.“
Foto: Midjourney / KI-generiert